Deutsches Studienzentrum in Venedig

Elke Heinemann

Elke Heinemann

Olga. Ein Zwiegespräch (Arbeitstitel)
Roman
Kunststipendium

Literatur

2017 schrieb ich im Auftrag von NDR, WDR und DLF das künstlerische Radio-Feature Ezra Pound Reloaded. Was vom Dichter übrig bleibt. Nachgesang, das für den internationalen Hörfunkpreis Prix Marulic nominiert wurde. Es beginnt und endet auf der Friedhofsinsel San Michele in der Lagune von Venedig: Ezra Pound liegt dort nicht an der Seite der britischen Künstlerin Dorothy Shakespear, mit der er bis zu seinem Tod fast sechzig Jahre lang verheiratet gewesen war. Vielmehr wurde 1996 neben ihm die amerikanische Violonistin Olga Rudge beigesetzt, die rund fünf Jahrzehnte lang seine Geliebte war und Mutter seines einzigen leiblichen Kindes, der Tochter Mary. Fast ein Vierteljahrhundert nach Pounds Tod verstarb Olga Rudge im Alter von 100 Jahren auf der Brunnenburg, Marys Wohnsitz oberhalb der Stadt Meran in Südtirol. Ihr Nachlass enthält Briefe, Tagebücher, Andenken, Fotos und Aufzeichnungen über das Leben mit Pound in Italien sowie zahlreiche Tonaufnahmen, die belegen, wie sie in ihrem Haus in Venedig versuchte, den im Alter freiwillig verstummten Dichter wieder zum Reden zu bringen.
In meinem Roman sichtet Olga Rudge ihr Archiv in Venedig und nimmt dabei mit einem Kassettenrekorder Gespräche mit dem verstorbenen Geliebten auf. Wichtig ist ein Foto ihrer Sammlung: Es zeigt sie 1944 in ihrem Haus in Sant' Ambrogio bei Rapallo zusammen mit Ezra und Dorothy Pound. Das Ehepaar zog während der deutschen Besatzung bei ihr ein, nachdem es die eigene Wohnung verloren hatte - trotz Pounds Radiopropaganda für Mussolini. Im Roman will ich der Frage nachgehen, warum die einst erfolgreiche Musikerin ihr Leben einem machistischen Mann unterwarf, der sich nie völlig zu ihr bekannte, und von welcher Bedeutung dabei der faschistisch-autoritäre Zeitgeist gewesen sein mag.

Von Oktober 2022 bis Dezember 2022