Deutsches Studienzentrum in Venedig

Federica De Giambattista

Federica De Giambattista

Von Venedig nach Berlin: die von dem venezianischen Kunsthändler Alvise Bernardino Barozzi ans Kaiser-Friedrich-Museum verkauften Kunstwerke aus byzantinischer Zeit, aus Mittelalter und Renaissance
Postdoc

Kunstgeschichte

Die Staatlichen Museen zu Berlin besitzen viele Kunstwerke aus byzantinischer Zeit, aus Mittelalter und Renaissance: Gemälde, Skulpturen, liturgische Kunstgegestände, sowie Objekte der angewandten Kunst, die alle in der zweiten Hälfte des Neunzehnten Jahrhunderts, ins besondere aber in den ersten Jahren des vorigen Jahrhunderts durch Gustav Friedrich Waagen (1794-1868), Ignaz von Olfers (1793-1872) und später auch durch Wilhelm von Bode (1845-1929) erworben wurden. Mehrere hundert Gegenstände aus dem italienischen Markt kamen dank der Kulturpolitik der Zeit und der gro?zügigen Finanzierung der Hohenzollern nach Berlin.

Viele dieser Kunstwerke stammten aus Kunststädten wie Venedig, Ravenna, Florenz und Rom sowie aus Kampanien, Apulien und Sizilien. Durch die enge Mitarbeit der Museen mit bekannten italienischen connoisseurs und geschickten Kunsthändlern, die genau wussten, was die Berliner Museen benötigten und vor allem wo die notwendigen Gegenstände zu kaufen waren, um die Lücken der Berliner Sammlungen zu füllen, kamen die Kunstwerke nach Berlin. Dies betraf besonders Werke der altchristlichen und mittelalterlichen Zeit. Ziel der Berliner Kulturpolitik - und dies entsprach dem de persönlichen Wunsch Kaisers -, den Berliner Museen dasselbe Ansehen zu verleihen, wie es die Pariser bzw. die englischen Museen genossen.

Heutigen Forschern, leidenschaftlichen Sammlern und Kunsthändlern sind Namen wie Stefano Bardini oder auch Ludwig Pollak wohlbekannt. Stefano Bardini, “il principe degli antiquari”, war in Florenz tätig. Ludwig Pollak, der berühmte Archäologe und Kunsthändler aus Prag, lebte und arbeitete in Rom. Auch venezianische Kunsthändler wurden eifrig erforscht, wie zum Beispiel Francesco Pajaro und Moise della Torre, die in der zweiten Hälfte des Neunzehnten Jahrhunderts in ständigem Kontakt mit den Berliner Museen standen. Aus Venedig stammt aber zudem ein Kunsthändler, der besonders interessant war: conte Alvise Bernardino “Dino” Barozzi.

Während meiner Arbeit in Berlin zwischen 2021 und 2022 fand ich Barozzis Namen oft in alten Inventaren des Kaiser-Friedrich-Museums, das heutige Bode-Museum. Zudem konnte ich viele Transportdokumente einsehen, die Beziehungen zu Wilhelm Bode bezeugen. Sie behandeln den Verkauf von Skulpturen, “vere da pozzo”, “patere” sowie von alten Gemälden, die heute teilweise ausgestellt sind oder in den Depots aufbewahrt werden.

Barozzi war vornehmlich zwischen 1900 und 1914 tätig und er kannte sehr genau die Wünsche Wilhelm Bodes für seine Museen: Kunstwerke venezianischer Provenienz aus Sakralbauten, wie Abteien und Klöstern, sowie aus Privatpalästen. Au?er diesen Kunstwerken besitzen die Museen auch den Briefwechsel zwischen Wilhelm Bode und Alvise Barozzi. Es handelt sich um mehr als 200 Briefe, die oft mit Fotos und Skizzen der zum Verkauf stehenden Werke versehen sind.

Ziel meines Forschungsprojekts ist es, diese vielfältigen und bisher unbekannten Dokumente zu untersuchen, die sowohl in Berlin wie auch in einigen wichtigen venezianischen Archiven verwahrt werden. Auf diese Weise lie?e sich das Leben Alvise Bernardino Barozzis, einem Mitglied einer der zwölf „apostolischen“ Familien Venedigs, besonders im Hinblick auf seine Tätigkeit als Kunsthändler rekonstruieren.

Diese Untersuchungen könnten dazu beitragen, den im 20. Jahrhundert in Venedig und unter den dort ansässigen Künstlern vorherrschenden “gusto” ebenso wie die Entwicklung des Kunstmarkts zwischen Italien und Deutschland besser zu verstehen; und dies in einer Zeit, in der die verschiedenen italienischen Regierungen versuchten, die Ausfuhr von Kunstwerken mittels nach und nach strengeren Gesetzen zu reglementieren. Damit sollte der Versuch unternommen werden, die nationalen Schätze zu bewahren – ein Ziel, das nur teilweise erreicht werden konnte.

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