Karoline Dominika Döring
"Wir Machomet von gottes genaden haydnischer khayser uber all kayser ..." Sultansbriefe - Zwischen literarischer Fiktion, kanzlistischer Fingerübung und religiösem Diskurs
Mittelalterliche Geschichte
Das PostDoc-Projekt greift aus den vielfältigen Reaktionen auf die osmanische Expansion im 15. Jahrhundert die sogenannten Sultansbriefe heraus. Bei diesen Texten handelt es sich um angeblich von einem Sultan an einen Papst oder andere westliche Herrscher verfasste Schreiben, die orientalische Machtfülle verbunden mit Kritik an der westlichen Gesellschaft, besonders an den als aussichtslos verurteilten Kreuzzugsplänen, demonstrieren. Sultane warnen zum Beispiel Päpste davor, christliche Heere sinnlos zu opfern, beeindrucken ihre Briefpartner mit antiker Bildung, drohen mit ihrem Zorn, bieten ihre Töchter sowie eine üppige Mitgift zur Ehe mit einem christlichen Herrscher an oder laden zum Turnier in die Stadt Babylon. Viele dieser Sultansbriefe sind im 15. Jahrhundert gedruckt worden. Tatsächlich reichen ihre handschriftlichen Vorlagen jedoch bis zum Fall von Akkon (1291) und dem Ende der hochmittelalterlichen Kreuzzüge zurück. Der Gebrauchsraum solcher Schreiben im 15. Jahrhundert ist so vielfältig wie die Themen, die sie anschneiden: Einige wurden bei Hoffesten als literarisches Entremets vorgelesen; andere dienten als Musterbriefe in Kanzleien; wieder andere wurden mit propagandistischen Absichten verbreitet und fügten sich nahtlos in den(Anti-)Türkendiskurs ein.
Das Ziel des PostDoc-Projekt ist es daher, die Überlieferung und Rezeption der Sultansbriefe im 14. und 15. Jahrhundert systematisch aufzuarbeiten und in den Kontext von Unterhaltungsliteratur, Kanzleipraxis und Religionsdiskurs einzuordnen.
Februar 2011
September 2012