Klaus Johannes Thies
Des Glückes Unterpfand, oder 90 Tage in Venedig (Kunststipendium)
Literatur
Von einem Fixpunkt aus das Wasser in den Blick nehmen, das dort die Bühne bildet, auf der das Leben vorbei treibt. Die Boote sind wie Gefäße, für ganz kurze aber auch längere Dauer angefüllt mit Menschen und deren Geschichten – Menschen aus aller Welt in einem ihrer „glücklichsten Momente“, die sie versuchen festzuhalten, andererseits der Alltag einheimischer Transporteure wie Wassertaxifahrer oder „Müllschiffer“. Der Palazzo Barbarigo mit seiner Terrasse zum Canal Grande böte ideale Voraussetzungen für solch einen fixen Beobachtungspunkt, der mir darum wichtig ist, weil er die Ausschnitthaftigkeit der kurzen Beobachtungen und Assoziationen, die ich in meinen Prosaminiaturen zusammenführe, begründet: Von hier, vom festen Boden aus, kann der Blick des Beobachters zwar Wiederholungen und Zufälligkeiten erfassen, aber eben kein abgeschlossenes Ganzes. Ähnlich wie Georges Perecs "Versuch, einen Platz in Paris zu erfassen", wäre dies der hartnäckig spielerische Versuch das Spezifische Venedigs einzufangen.
Dabei würde ich neben dem Gesehenen eventuell auch das Gehörte mit aufnehmen: einerseits als Text, in den solche Schnipsel der Realität aufgenommen werden, andererseits als O-Ton-(Hör-)Stück, in das der literarische Text eingewebt ist.
Von Oktober 2018 bis Dezember 2018