Marius Goldhorn

Vicino Orsini – Studienjahre eines Proto-Anarchisten
Kunststipendium

Literatur

Vicino Orsini, Lehensherr von Bomarzo, Söldnerführer, Kriegsverbrecher, Kriegsgefangener, Kriegsrückkehrer, Proto-Romantiker, Aufheber des Lehenswesen in Bomarzo, erster italienischer Anarchist, Epikureer, Auftraggeber für die manieristische Simulationsmaschine »Sacro Bosco«, Witwer, »Orlando furioso«-Fan, Melancholiker und Schönling erblickt den Halleyschen Kometen mit 8 Jahren. Zehn Jahre später zieht er nach Venedig. Hier freundete er sich mit dem Dichter und Verleger Francesco Sansovino an.

Orsinis Venedig-Jahre 1542/43 werden zu der geistigen Keimzelle für seine späteren politischen Reformen in Bomarzo und seine komplexen Garten-Konzeptionen des »Sacro Bosco«. Fernab des tyrannischen Vaters, den Verpflichtungen als Abkömmling der Orsini und fernab der totalitären Stimmung in Rom – es ist das Jahr der Ausrufung der Inquisition – kann er im freien Venedig jene Dichter, Künstler und Gelehrte kennenlernen, sehen, lesen, die in Rom zensiert sind.

Marius Goldhorns Recherchen zu Orsinis Studienjahren in Venedig werden zu einer historischen Erzählung führen, in der zwei junge Männer – Orsini und Sansovino – in den Gassen und Kammern der Stadt, über dem Tarot und im Salbei-Dampf zunehmend vergessen, wo die Grenzen zwischen Stadt und Meer, Bild und Spiegelbild, Jenseits und Diesseits sind. Venedig wird als historisch aufgefu?llter Schwamm dargestellt, der eben durch seine Saugkraft als zukunftsfähige Stadt erscheinen soll.

Außerdem arbeitet Marius Goldhorn im Centro Tedesco an seinem nächsten Roman, einem Revolutionsbericht in der Tradition von Blanchot, Butor und Bryher.

Von Juli 2024 bis September 2024