Nadine Ulrike Holzmeier
Die "Chronologia Magna" des Paolino Veneto - Form und Entwicklung spätmittelalterlicher Weltchronistik im Zeichen erweiterten Weltwissens
Mittelalterliche Geschichte (FU Hagen, Prof. Dr. Felicitas Schmieder)
Weltchroniken verbanden zeitlich/geschichtliches Wissen mit geographisch/räumlichem und halfen, den eigenen Standpunkt in einer sich wandelnden Welt zu definieren und abzubilden. Gleichzeitig skizzierten und positionierten sie diesen Standort auf einer historischen Ebene ebenso wie auf einer zeitgenössischen, da sie mit Ihrer Schwerpunktsetzung und Darstellung immer auch einen aktuellen „politischen“ Bezug zum Ausdruck brachten, Wissen zugänglich machten oder auch verschleiern konnten. Am Übergang vom Hoch- zum Spätmittelalter veränderten sich Reichweite und Weltsicht aus lateineuropäischer Perspektive. Bedingt durch Kreuzzüge, Handel aber auch verstärkter Mission erweiterte sich der allgemeine Bezugsrahmen und zwang zur Auseinandersetzung mit anderen Räumen, territorialen Interessen und Kulturen. Demgemäß gab es im Verlauf des Spätmittelalters verschiedene Bestrebungen, dieses Wissen von der Welt verdichtet darzustellen.
Im Zentrum des Dissertationsprojektes steht die in den 20er Jahren des 14. Jahrhunderts entstandene Weltchronik des venezianischen Diplomaten und Franziskaners Paolino Veneto. Dieser Text ist bekannt unter den Bezeichnungen „Chronologia Magna“ und „Compendium". Es sind mehrere, bisher unedierte Handschriften überliefert, eine der wichtigsten liegt in der Bibliotheca Marciana.
In dieser Chronik wird Weltwissen – historiographisches, geographisches, genealogisches und heilsgeschichtliches - als Diagramm aufbereitet. Die Chronik stellt den Weltlauf bis zum Jahr 1328 dar, in der tabellarischen Ausgestaltung des Manuskriptes verlaufen verschiedene Achsen, die den Geschichtsverlauf und seine Akteure sowohl in ein chronologisches Nacheinander als auch in ein synoptisches Nebeneinander setzen.
Dabei werden Amt- und Herrschaftsgenealogien genauso ins Verhältnis gesetzt wie z.B kartographische Skizzen und damit die zeitliche Perspektive um eine räumliche ergänzt. So werden innerhalb der Systematik nicht nur lateineuropäische, sondern auch verschiedenste "außereuropäische" Herrschaftsbereiche dargestellt. Das Projekt fragt, welche Rolle die Gattung Weltchronik bei der Integration neuer Wissensbestände in das vorhandene Weltbild gespielt hat und welche Funktion einer diagrammatischen Form der Geschichtsdarstellung dabei zukommt.
Von April 2017 bis Juni 2017
September 2017
Von Februar 2018 bis März 2018