Nikolaus Bienefeld
Untersuchung und Transfer einer römischen Mauerwerkskonstruktion zur Herstellung von Öffnungen unter besonderer Berücksichtigung einer materialgerechten und vor allem ästhetischen Qualität" (Kunststipendium)
Architektur
Mein Thema geht auf das Studium der Graphiken von Giovanni Battista Piranesi (1720 - 1778) zurück, die in ihrer Präzision, Ausarbeitung und Detailgenauigkeit eine anhaltende Wirkung/Anziehungskraft auf mich ausüben. Die Erkenntnis über die Wechselwirkung von Idee, Weg und Ergebnis werden in diesen Arbeiten deutlich, die bis heute zum Verständnis des Wesens der Architektur beitragen. Der Prozess der Architektur endet nicht mit der Fertigstellung bzw. mit dem Nutzungszeitraum eines Gebäudes, sondern stellt nur einen Abschnitt im Zeitgeschehen dar. Daraus resultiert, dass die Architektur über ihre zeitlich begrenzte räumliche Präsenz hinaus Stadtraum bzw. Freiraum nachhaltig prägt.
Das Spektrum der möglichen Untersuchungen reicht von der Betrachtung der Wechselwirkung über Raum/Volumen und Gesellschaft bzw. der Weiterentwicklung dieser Raumwirkung im Stadtbild/Freiraum, dem Umgang der Gesellschaft mit Architekturen aus der Vergangenheit (z.B. die Sehnsucht der Wiederherstellung) bis hin zu den Wertvorstellungen und Begriffen von Konstruktion, Detail und Material. Neben der soziologischen Untersuchung dieser Prozesse sind vor allem die konstruktiven/ materialgerechten Anwendungsmöglichkeiten Teil meiner Untersuchungen.
Das in der Folge beschriebene Forschungsprojekt soll die Anwendungsmöglichkeiten mit antiken Baukonstruktionen für die heutige Zeit verdeutlichen. Durch die sich ständig erweiternden Möglichkeiten der technischen Entwicklung werden Konstruktionen aus der Vergangenheit wieder aktuell. Die Anwendung von handwerksgerechten überzeugenden Lösungen im Massivmauerwerk soll hier als erster Ansatz verstanden werden, um weitergehende Lösungen dieser Art auch auf andere Konstruktionen zu übertragen, wie z.B.: das zweischalige Mauerwerk.
Grundlage des Forschungsansatzes ist eine Graphik (Kupferstich) von Giovanni Battista Piranesi „ Le Rovine del Castello dell’Acqua Giulia“ aus dem Jahre 1761.
Auf diesem Blatt ist u. a. ein Mauerwerksdetail des Rundbogens abgebildet, der entgegen aller Regeln horizontale Mauerwerksschichten zeigt, die in gleichmäßigen Abständen durch größere, radial angeordnete, vermauerte Ziegel - oder Natursteinplatten unterbrochen werden.
Geht man nun davon aus, dass eine solche atypische Konstruktion dauerhafter Beanspruchung standhält, so ergeben sich bei dem aktuellen Stand der Technik ganz neue Möglichkeiten zur Herstellung von rechteckigen Öffnungen in vorhandenem Massivmauerwerk. Die Schlussfolgerung, die sich aus der Betrachtung des Kupferstichs ergibt, ist simpel: Danach ist eine Sicherung des Mauerwerks über einer Öffnung durch regelmäßig radial eingemauerte Ton-/ Ziegelplatten zu erreichen. In der Umsetzung könnte das wie folgt aussehen: Nach der Entscheidung über die Größe der Öffnung werden zwei vertikale Schnitte, die die Breite der Öffnung festlegen, mittels einer Widiakettensäge in das Mauerwerk eingeschnitten. Hinzu kommen, je nach Größe, 2 bis 4 Einschnitte über der neuen Öffnung, die nach dem Ausräumen mit geeigneten Tonplatten und Mörtel in der gesamten Mauerwerkstiefe vermauert werden.
Nach dem Abbinden des Mörtels ist der so entstandene Sturz tragfähig, so dass die Öffnung nun hergestellt werden kann. Tragfähigkeit und Ansehbarkeit eines Details und dessen Ausstrahlung für das Ganze sind eines der elementaren Themen in der Architektur.
Von Oktober 2018 bis Dezember 2018