Deutsches Studienzentrum in Venedig

Thomas Pöhler

Thomas Pöhler

vena di mica
Kunststipendium

Bildende Kunst

Nahe der Quelle des Flusses Anza, der in den Toce und weiter in den
Ticino und dann wie alle italienischen Alpenflüsse in den Po fließt, um
unweit der Lagune in die Adria zu münden, liegt die einst größte
Goldmine Italiens an einem Ort namens Pestarena. Dort habe ich im Sommer
dieses Jahres geschürft, nicht aber etwa nach Gold oder anderen
kostbaren Mineralen: Ich war auf eine Glimmerader gestoßen. Glimmer gilt
gemeinhin als große Enttäuschung, denn es spiegelt zwar Silberglanz, ist
jedoch tatsächlich vollkommen wertlos.
Nun durchstreife ich Venedig, habe dabei stets ein Beutelchen des
Minerals in der Tasche, und suche nach Orten, die nach einer Glimmerader
verlangen. Nach und nach verlagere ich die Ader – la vena di mica – die
ich im Sommer an vier Tagen und drei Nächten aus dem Fels geschlagen
habe, in die Stadt, die über Jahrhunderte des Handels mit der gesamten
bekannten Welt sagenhafte Reichtümer sedimentierte.

Von Oktober 2020 bis Dezember 2020