Vera Grund
Kritisches Theater, Theaterkritik: Venezianisches Musiktheater und Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert
Musikwissenschaft
Venedigs lebendige Musiktheaterszene und der Wettbewerb zwischen den kommerziell betriebenen Theatern brachte im 18. Jahrhundert spezielle Formen der Kritik hervor. Benedetto Marcello wählte für sein Il teatro alla moda (1720) die Parodie, die bildenden Künstler Antonio Maria Zanetti und Marco Ricci die Karikatur. Francesco Algarotti brachte in Venedig seinen Saggio sopra l’opera in musica (1755) heraus, der zur einflussreichsten Musiktheatertheorie des mittleren 18. Jahrhunderts wurde. Eine zentrale Figur des venezianischen Kulturlebens war der britische Handelsbankier und Konsul Joseph Smith, dessen Mäzenatentum zur Vermischung der Genres führte: Als passionierter Anhänger des Musiktheaters und Kunstsammler initiierte er Gemälde mit Musiktheaterszenen und Sängerporträts, die u.a. seine spätere Ehefrau, die Sängerin Catherine Tofts zeigten. In seinem Verlagshaus Pasquali erschien Algarottis Schrift und Francesco Milizias Del Teatro (1772/1794), nachdem der Erstdruck der römischen Zensur zum Opfer gefallen war. Carlo Goldoni widmete Smith Il filosofo inglese (1754), in dessen Vorwort er seine theaterästhetischen Prämissen beschrieb. Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die literarischen und personellen Hintergründe zur Entstehung der venezianischen Musiktheatertheorien in ihren unterschiedlichen medialen Erscheinungsformen zu kontextualisieren, um sie auf ihre Funktion im öffentlichen Leben der Stadt zu hinterfragen.
Von August 2015 bis Januar 2017